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Interview mit dem Drei ??? Autor Hendrik Buchna (Herbst 2011) |
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Ende Oktober 2011 hatten wir das große Glück, den Drei ??? Autor Hendrik Buchna für ein Interview zu gewinnen. Geduldig stellte er sich unseren Fragen. Hallo Hendrik, wir freuen uns sehr, dass Du dir die Zeit für unsere Fragen nimmst. Vielleicht kannst Du uns und unseren Usern zu Beginn ein wenig über Dich selbst erzählen. Also: Geboren bin ich in Hamburg. Dank einer großen Familie (eine ältere Schwester, zwei jüngere Brüder) herrschte nie ein Mangel an Action. ;-) Da wir außerdem alle zur Spezies der „Kassettenkinder“ gehörten, profitierten wir bei Geburtstagen, Ostern oder Weihnachten immer mehrfach, weil alle Hörspiel-Geschenke – seien es die Fünf Freunde, TKKG, Masters oft the Universe, Jan Tenner oder Die drei ??? – stets geschwisterlich geteilt wurden. Das galt natürlich auch für Bücher. ;-) Nach Abitur und einem Studium der Kunst (Schwerpunkt Film und Medienwissenschaft), Germanistik und Psychologie begann ich eine Doktorarbeit in Literaturwissenschaft, die ich 2006 zugunsten meiner Arbeit als freier Autor unterbrach. Die wichtigsten Stationen waren seither: Sony Music Entertainment / EUROPA (Hörspiele / DiE DR3i, Die drei ???)
Neben dem Schreiben zählen vor allem das Zeichnen und Malen (Öl, Acryl) zu meinen Leidenschaften. Beides konnte ich während meines Studiums vielfältig vertiefen. Dasselbe gilt für den Bereich Film, in dem ich mich sowohl im Dokumentar- als auch im fiktionalen Stil entfalten konnte (Drehbuch, Kamera, Regie). Ich liebe die Magie des Kinos, kann mich aber auch für gut inszenierte Serien begeistern; aktuell „Lie to Me“ mit einem exzellenten Tim Roth. Außerdem koche ich gerne (insbesondere asiatische Küche), reise viel, und wenn es die begrenzte Zeit zulässt, widme ich mich auch hin und wieder der Lyrik; sozusagen als Ausgleich zum Kriminal- und Thriller-Genre.
Schon in jüngsten Jahren, weit bevor ich schreiben konnte, habe ich Familie und Freunde mit ausgedachten Geschichten ‚beglückt‘. Der Hauptdarsteller war meist ein kleiner Junge, der vom 25. Stock eines Hochhauses aus in die wildesten Abenteuer verwickelt wurde. Die Schauplätze waren Geister-Burgen, Saurier-Dschungel und Dämonen-Inseln. Dezente Szenarien lagen mir damals wohl nicht so. ;-) Oft habe ich auch Bildergeschichten gemalt, bei denen meine Eltern dann nachträglich den von mir erzählten Text ergänzten. Viele dieser Hefte haben in sogenannten ‚Erinnerungskartons’ überlebt, so dass ich auch heute noch hin und wieder darin blättern kann.
Der Kontakt zu Kosmos ist auf ganz traditionellem Wege entstanden, indem ich im Anschluss an das Serien-Ende von „DiE DR3i“ nach Rücksprache mit EUROPA mein Manuskript zu „Im Zeichen der Schlangen“ beim Verlag eingereicht habe. Durch meine Arbeit für Jupiter & Co. war das Lektorat aber sicherlich schon über meine Erfahrungen mit den drei Detektiven informiert. :-)
Obwohl ich – mit einigen Unterbrechungen – ja schon seit 2006 in Rocky Beach aktiv bin, ist es noch heute ein surreales Gefühl, denselben drei Jungs, die mich und meine Geschwister seit der Kindheit begleiten, nun die Worte in den Mund legen zu dürfen. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Traumjob, der mir immer wieder neue Horizonte öffnet. All die Reisen und der beständige Kontakt zu Autoren, Regisseuren, Sprechern und Schauspielern lassen niemals ein Gefühl von Routine oder Eintönigkeit aufkommen. So vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht kurz innehalte und mir bewusst mache, wie glücklich ich über das Privileg bin, dieses freie und aufregende Leben zu führen.
Sowohl die Hörspiele als auch die Bücher waren fester Bestandteil meiner Kindheit und haben sie entscheidend mitgeprägt. Mein Interesse an Rätseln, mysteriösen Ereignissen und Abenteuern in fernen Ländern hat seine Wurzeln nicht zuletzt in den Geschichten der drei ???.
Einen speziellen Lieblings-Autor habe ich eigentlich nicht; die Tendenz geht aber in die Klassiker-Ära. Als Schöpfer der tragenden Fundamente des „???“-Universums würde ich deshalb Robert Arthur an die Spitze setzen. Darüber hinaus zählt Mary Virginia Careys „Karpatenhund“ aufgrund ihrer kammerspielartigen „Fenster zum Hof“-Atmosphäre zu meinen absoluten Favoriten-Folgen. Bei den Lieblings-Nebenfiguren möchte/muss ich die Hörspiele heranziehen, weil sie sehr früh meine Wahrnehmung der einzelnen Charaktere geprägt haben. Angesichts der unglaublichen Vielzahl an umwerfenden Sprechern/Schauspielern, die im Laufe der Jahrzehnte bei den „drei ???“ aufgetreten sind, ist es allerdings sehr schwierig, einzelne Personen herauszuheben. Wenn ich dennoch drei Sprecher nennen müsste, die mich besonders beeindruckt haben, dann wären das: Peter Pasetti, der den väterlichen Mentor Alfred Hitchcock kongenial umgesetzt hat. Und seine begleitenden Kommentare waren einfach legendär („Bravo, Justus! Mr. Harris wird es noch bereuen, seine Zähne statt in ein Roastbeef-Sandwich nicht lieber in einen Rettich geschlagen zu haben. Man fällt eben nicht ungestraft aus der Rolle.“). Gottfried Kramer (für mich eine der großartigsten Stimmen aller Zeiten), der gleich mit mehreren Parade-Rollen in die „???“-Geschichte einging, unter anderem als mysteriös-bedrohlicher Gegenspieler Rhandur in „Fluch des Rubins“ („Das war unachtsam – ich habe die Klinge nicht genug gesäubert. Blut ist nicht gut für solch feinen Stahl. Nun ja …“). Pinkas Braun, der den jähzornigen Mr. Barron in „Die bedrohte Ranch“ geradezu atemberaubend glaubhaft zum Leben erweckte („Kommunisten, Anarchisten, Pack! Ich glaube nicht an eine Invasion! Sie haben die Rundfunkstation besetzt und wollen uns einschüchtern!“). Aber auch der stets eindrucksvolle Horst Frank alias Kommissar Reynolds oder Andreas von der Meden in seiner bizarren Doppelrolle als Skinny/Morton sind immer wieder ein Fest. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr Figuren werden es, die ich eigentlich ebenfalls auf die Liste setzen müsste. Deshalb mache ich an dieser Stelle lieber Schluss. ;-)
Das variiert von Manuskript zu Manuskript. Je nach Recherche-Aufwand und parallelen Projekten kann die Entwicklung eines „???“-Buchs zwischen vier Wochen und drei Monaten dauern.
Gewisse Rituale hat vermutlich jeder Autor. Musik gehört zum Schreiben auf jeden Fall dazu. Um nicht durch Texte abgelenkt zu werden, kommen dabei meist Soundtracks zum Einsatz (Favoriten: Ennio Morricone, Danny Elfman, John Williams, James Horner, Hans Zimmer, Alan Silvestri). Da ich mich auch zu später Stunde noch gut konzentrieren kann, arbeite ich oft nachts. Das hat außerdem den Vorteil, dass inspirierende Geister, Dämonen und sonstige mysteriöse Wesen erfahrungsgemäß vor allem in der Dunkelheit aktiv werden. :-)
Genau genommen sind es nur noch 126 Seiten + Werbung. ;-) Hin und wieder ist es tatsächlich eine heikle Herausforderung, einigermaßen punktgenau das Limit zu treffen. In der Regel liegt man nach dem ersten Lektoratsdurchgang (wenn das Manuskript zum ersten Mal im tatsächlichen Buchsatz vorliegt) mehrere Seiten über der 126er-Grenze. Die nachfolgenden Kürzungen und Streichungen gehören ganz automatisch mit zum Entstehungsprozess eines „???“-Buchs dazu. Das ist nicht immer spaßig, aber auch nicht so dramatisch, wie ich es noch bei meinem Erstling gedacht hatte. Muss man beispielsweise vier Seiten einsparen, sind das ja nicht vier volle Textseiten, sondern oftmals nur wenige Zeilen jeweils am Ende eines Kapitels. Wenn man geschickt an den richtigen Stellen kürzt, schrumpfen mehrere Streich-Seiten dann schnell zu einer ‚Netto-Text-Seite’ zusammen. Und wenn manchmal doch größere Passagen rausfliegen müssen, tröste ich mich damit, dass die Ideen und Dialoge ja nicht verloren sind. So war beispielsweise die komplette Dunkelkammer-Szene aus der Kurzgeschichte „Das Rätsel der schwarzen Nadel“, in der Bob von einem Einbrecher in der Zentrale bedroht wird, eins zu eins aus der ursprünglichen Buchvorlage meiner „DiE DR3i“-Premierenfolge „Das Seeungeheuer“ entnommen. Zwischen der Entstehung beider Projekte liegen immerhin zehn Jahre – aber man soll ja niemals nie sagen. ;-)
Ich bin sehr glücklich und dankbar, dass es mir offenkundig gelungen ist, bei meinen Büchern den ‚richtigen Ton’ zu treffen. Jeder Autor hat ja den Wunsch, den Lesern mit seinen Geschichten gute und spannende Unterhaltung zu bieten. Dies lässt sich jedoch, vor allem wegen der sehr heterogenen Zielgruppe des „???“-Publikums, weder prognostizieren noch planen. Umso schöner, wenn es dann doch klappt. :-) Angesichts der jahrzehntelangen Historie der „drei ???“ ist man dennoch hin und wieder ein wenig verunsichert, ob man diesem ‚Erbe’ wirklich gerecht werden kann. Vor allem direkt im Vorfeld einer Veröffentlichung kommt man mitunter ins Zweifeln, ob auch alles so funktionieren wird, wie man es sich vorgestellt hat. Dies gilt ganz besonders für unkonventionelle Projekte wie den „dreiTag“, für den ich ja die Justus-Geschichte „Der Fluch der Sheldon Street“ beisteuern durfte. Trotz seines stark experimentellen Charakters und diverser Unwägbarkeiten stieß dieses Dreier-Special auf ein überaus erfreuliches Echo und bestärkte uns darin, dass man nie aufhören sollte, an seine Träume zu glauben – auch wenn es manchmal ziemlich verrückte Träume sind. ;-)
Siehe oben. ;-) Sowohl bei „Im Zeichen der Schlangen“ als auch bei „Der schreiende Nebel“ durfte ich mich über ein ausgesprochen positives Feedback freuen.
Da sich trotz (oder vielleicht gerade wegen) manch irrwitziger Wendungen meines Lebenswegs die Dinge letztlich doch so entwickelten, wie ich es mir immer gewünscht habe, lautet meine Antwort ganz klar: Nein. :-) Konkret bezogen auf meine ersten beiden Bücher gäbe es hier und da aber schon ein paar Kleinigkeiten, die ich aus heutiger Perspektive ein wenig anders gestalten würde. Insbesondere bei „Im Zeichen der Schlangen“ kam es bei manchen Lesern ja zu gewissen Irritationen, weil Bob so intensive Gefühle für Sheila Masters entwickelt, obwohl der dritte Detektiv dem weiblichen Geschlecht doch sonst so souverän gegenübersteht. Hier hätte ich noch deutlicher herausarbeiten können, dass es sich bei Sheila nicht um irgendeine attraktive junge Frau handelt, sondern um eine Person, die Bob frappierend an das allererste Mädchen erinnert, in das er hoffnungslos verknallt war. Und ein solcher emotionaler Ausnahmezustand kann – zumindest meiner persönlichen Ansicht nach – sogar einen Womanizer wie Bob ein wenig aus der Bahn werfen. Der zweite Punkt, an dem ich im Nachhinein eine Ergänzung vornehmen würde, betrifft den Showdown auf dem Schrottplatz, bei dem einige Leser beanstandet haben, dass Skinny Norris (*SPOILER!*) sich einen so komplizierten Rätsel-Marathon unmöglich alleine ausgedacht haben könne. Das ist auch vollkommen zutreffend. Ich hätte an dieser Stelle stärker akzentuieren müssen, dass Skinny durchaus nicht das Mastermind der Gruppe war, sondern lediglich ein Komplize. Sheila Masters war es ja, die auf die Spur des verschollenen Velázquez-Gemäldes stieß und anschließend ihre Cousine Felicity einweihte. Dass diese nichts Besseres zu tun hatte, als umgehend ihren Freund Skinny einzuweihen, war von Sheila überhaupt nicht beabsichtigt, ließ sich aber nicht mehr rückgängig machen. Also arrangierte man sich mit dem neuen Team-Mitglied und entwickelte – stets unter der Federführung von Sheila Masters – den hinterhältigen Plan mit dem doppelten Ablenkungsmanöver. Der Trugschluss, dass Skinny der Hauptverantwortliche ist, wird dadurch erweckt, dass er nach der Überführung des Einbruchs-Trios augenblicklich das Wort an sich reißt und behauptet, der Kopf des Teams zu sein. Dies ist jedoch nur eine weitere Finte, damit die drei Detektive ihre Aufmerksamkeit sofort auf Skinny und nicht auf Sheila richten, deren Kunst-Background ja überaus verräterisch ist und letztlich auch tatsächlich zur Aufdeckung des wahren Tatmotivs führt.
Grundsätzlich könnte ich mir durchaus vorstellen, mal einen Dreierband zu schreiben. Derzeit ist das aber nicht in Planung.
Wegen mehrerer Projekte außerhalb von Rocky Beach pausiere ich im Frühjahr. Insofern kann ich leider keine inhaltlichen Details verraten, sorry. Aber mein nächstes „???“-Buch kommt bestimmt – versprochen. :-)
Die Meinung der Fans bedeutet mir viel, schließlich ist sie die unmittelbarste Rückmeldung auf das eigene Schaffen. Darum verfolge ich stets aufmerksam die Reaktionen in den verschiedenen Foren. Auch der direkte Fan-Kontakt auf Messen oder Lesungen ist mir wichtig. Natürlich ist es illusorisch, jeder Kritik, Anregung oder Forderung gerecht zu werden, zumal manchen Lesern/Hörern genau jene Aspekte einer Geschichte gefallen, die andere als Defizite empfinden (und umgekehrt). Aber in der Gesamtschau der Bewertungen ergibt sich auf jeden Fall ein grundsätzliches Stimmungsbild hinsichtlich der Stärken und Schwächen eines Buchs oder Hörspiels. Dabei gilt – wie überall im Leben – dass eine ausführliche und konstruktive Kritik stärkere Impulse vermittelt als ein launiger Ein-Satz-Kommentar. Aber beide Varianten gehören seit jeher zum festen Resonanz-Spektrum und machen die Welt der drei ??? so bunt und facettenreich. :-)
Ja, ich lese natürlich auch die Bücher meiner Autorenkollegen, und wir tauschen uns hier und da durchaus offen über unsere Geschichten aus. Beispielsweise durfte ich im Vorfeld der aktuellen Herbst-Veröffentlichungen sowohl Kari Erlhoffs Manuskript zu „Die blutenden Bilder“ als auch Christoph Ditterts „Geheimnisvolle Botschaften“ lesen. Den „schreienden Nebel“ kannte ich ja schon. ;-)
Mach’ ich. :-)
Das Seeungeheuer War das Seeungeheuer ursprünglich als Drei ??? Abenteuer geplant? Falls ja, wie schwierig war es, bestimmte typische Drei ??? Elemente zu entfernen, die nicht enthalten sein durften? Ja, die Geschichte hieß ursprünglich „Die drei ??? und das Seeungeheuer“ und enthielt sämtliche ‚klassischen’ Merkmale, inklusive Visitenkarten und Anspielungen auf frühere Fälle wie z.B. „Das Gespensterschloss“ oder Constance Carmel und „Ocean World“ aus „Der Superwal“. Hinsichtlich der folgenden Entwicklungen erlaube ich mir, aus einem früheren Interview zu zitieren: Was die Entfernung der typischen „???“-Elemente angeht, so betraf das natürlich in erster Linie die Namen, sowohl bei der Detektei („DiE DR3i“ / Visitenkarte) als auch bei den Hauptpersonen (Jupiter Jones, Peter Crenshaw, Inspektor Milton). Die inhaltlichen Änderungs-Notwendigkeiten waren dagegen nicht so gravierend. Mit Ausnahme der erwähnten Anspielungen auf frühere Fälle waren kaum Anpassungen notwendig, da der gesamte Plot um die gesunkene „Liberty Bell“ und das mysteriöse Küstenhaus eigenständig war. Auch die Nebenfiguren, vom Meeresbiologen Kirk Prendergast bis zum undurchsichtigen Anwalt Stanley Riteman, waren allesamt neu und deshalb ‚unbedenklich’ Darüber hinaus kann ich noch verraten, dass „Das Seeungeheuer“ gewissermaßen meine ‚Nick-Cave-Folge’ war. Als Fan von „Nick Cave and the Bad Seeds“ habe ich hier und da immer wieder kleine Verweise eingeflochten – der offensichtlichste war sicherlich der Name des Immobilien-Tycoons John Finn, dessen rätselhafte Beziehung zu seiner Frau eine Anspielung auf den Cave-Song „John Finn’s Wife“ aus dem Album „Henry’s Dream“ ist.
Da das Manuskript im Vergleich zu regulären Büchern starke Überlänge hatte (ca. 60% mehr Umfang, was umgerechnet etwa 200 Seiten entsprochen hätte), war sehr früh klar, dass „Das Seeungeheuer“ als Doppelfolge erscheinen würde.
Wie entstand die Idee rund um das Bermuda-Dreieck? Der eine oder andere hat sich an die Serie „Lost“ erinnert gefühlt. Zufall? Bei „Verschollen in der Zeit“ ist es ein bisschen so wie bei André Marx’ „Spur ins Nichts“, wo ja oftmals Parallelen zum Film „Saw“ gezogen wurden, die André mangels Kenntnis des Films aber gar nicht bewusst waren. Ähnlich verhält es sich bei „Verschollen“, dessen Plot bei manchen Hörern Assoziationen an „Lost“ weckte, obwohl mir diese Serie zum Zeitpunkt der Skript-Entwicklung gar nicht bekannt war. Bei Licht besehen ist der Ausgangspunkt der Geschichte (auf einsamer Insel muss ein Flugzeug notlanden, dessen Passagiere anschließend mit mysteriösen Ereignissen konfrontiert werden) ja aber wirklich kein neuer Ansatz. Meine Motivation war sozusagen ganz ‚elementar’: Die drei Detektive sollten in eine Szenerie katapultiert werden, die so unfassbar ist, dass sie sich vermeintlich jedem logisch-rationalen Erklärungsversuch entzieht. Und was gäbe es da für einen besseren Schauplatz als das legendäre Bermuda-Dreieck? :-) Als Teenager hatte ich eine Phase, in der ich nahezu sämtliche Bücher zu diesem Thema, insbesondere natürlich die rückblickend arg fragwürdigen ‚Standardwerke’ von Charles Berlitz und David Group, verschlungen habe: „Fenster zum Kosmos“, „Spurlos“, „Beweise: Das Bermuda-Dreieck“ etc.. Die Wurzeln von „Verschollen in der Zeit“ liegen also nicht in einer vergleichsweise neuen Mystery-TV-Serie, sondern in effektheischerischen Pseudo-Sachbüchern der 70er und 80er Jahre. ;-)
Für uns eine der besten Folgen der Serie. Vor allem der Humor, aber auch die Atmosphäre im Hotel hat uns sehr gut gefallen. Gab es ein bestimmtes Hotel das sozusagen „Pate“ stand? Falls ja welches? Vielen Dank für das Kompliment. Für mich hat „Das Haus der 1.000 Rätsel“ ebenfalls einen besonderen Stellenwert. Dies ist eng mit dem grandiosen Schauspieler (und Deutschlands dienstältesten Synchronsprecher) Eckart Dux verknüpft, dessen Verkörperung des knorrigen Gentleman-Casanovas Jack Doolan haargenau meine Vorstellung der Rolle getroffen hat. Gerade beim Schreiben von Hörspiel-Manuskripten ist es ja häufig so, dass einem bei der Entwicklung bestimmter Charaktere sofort eine konkrete Stimme vorschwebt. Genauso war es bei Mr. Doolan, für den ich unbedingt den Sprecher des ewig nörgelnden Jerry Stiller alias Arthur Spooner in „King of Queens“ haben wollte. Dass ich Herrn Dux Jahre später dann erneut, diesmal für eine komplett anders gelagerte Rolle als desillusionierter Psychotherapeut Frank Morgan in meinem Hörbuch-Zweiteiler „Das böse Zimmer“ („Darkside Park“), gewinnen konnte, gehört zu den großartigen Fügungen, die dieser Job immer wieder möglich macht. Was das „Royal Mountain Residence“ betrifft, so gibt es kein bestimmtes Gebäude, an dem ich mich orientiert habe. Es ist eher eine Mischung aus vielen verschiedenen Hotels, die ich seit meiner Kindheit kennengelernt habe. Auch Film-Erinnerungen, beispielsweise an das „Overlook“ aus „Shining“, sind hier und da eingeflossen, allerdings nur als dezente Andeutungen. Im Idealfall sollte jeder Hörer sein eigenes individuelles Bild eines imposanten Luxushotels vor Augen bzw. Ohren haben.
Diese Frage können nur EUROPA und der Kosmos Verlag beantworten. ;-)
Die berühmte Frage nach den ‚Phantom-Folgen’ von DiE DR3i. ;-) Diesbezüglich geistern ja seit Jahren verschiedene Gerüchte im Netz herum. Was mich betrifft, so kann ich ganz klar sagen, dass eine weitere Folge von mir (vorgesehen als Episode 9) geplant war und auch schon als Manuskript vorlag. Arbeitstitel: „Feind aus der Vergangenheit“. Ein Großteil des Inhalts ist dann später in mein Erstlingsbuch „Im Zeichen der Schlangen“ eingeflossen. Wie schon an früherer Stelle erwähnt: Nichts geht verloren. :-)
Man muss da natürlich differenzieren. Schon während der ‚heißen’ Startphase im Herbst 2006 habe ich versucht, so sachlich wie möglich zwischen Kritik am konkreten Inhalt und Kritik an den übergeordneten Umständen (neuer Titel, neue Namen, neue Cover, neue Strukturen) zu unterscheiden. Ganz zweifellos hatte jede meiner „DiE DR3i“-Folgen ihre individuellen Schwachpunkte, sei es der behäbige Erzählstil im „Seeungeheuer“, der bizarr anmutende Entführungs-Aufwand in „Verschollen in der Zeit“ oder das Fehlen einer echten Feindbedrohung im „Haus der 1.000 Rätsel“. Diese Defizite wurden vollkommen zurecht benannt und – mal mehr, mal weniger lautstark – bemängelt. Tatsache ist aber auch, dass manche Kritik-Auswüchse, die in ihrer drastischen Heftigkeit bisweilen jedes Maß vermissen ließen, unmittelbar auf den ‚Affront’ des Serien-Neustarts an sich gerichtet waren. Mit konstruktiver Bestandsaufnahme der einzelnen Episoden-Qualität hatte das oftmals wenig bis nichts mehr zu tun. Ich gebe zu, dass es mir in der Anfangsphase manchmal sehr schwerfiel, zwischen beiden Lagern zu unterscheiden und mir (auch zum Selbstschutz) vor Augen zu führen, dass viele der vehementen Angriffe nicht mir persönlich galten, sondern der kontroversen und für viele Fans absolut unbefriedigenden Gesamtsituation.
Im Zeichen der Schlangen Das Buch hat uns unheimlich gut gefallen, nicht nur wegen der vielen kleinen Anspielungen zu früheren Abenteuern. Wie wichtig sind Dir solche Dinge? Wie schon beim „Seeungeheuer“ angedeutet, sind mir diese kleinen Verweise und Anspielungen sehr wichtig. Der dezente Bezug auf frühere Fälle, Klienten oder Gegner stellt für mich eine willkommene Möglichkeit dar, einen Bogen in die Vergangenheit zu schlagen und damit das Gefühl einer gewissen Kontinuität zu erzeugen. Wie bei allen Stilmitteln darf man es damit natürlich nicht übertreiben, da es ansonsten zum reinen name dropping verkommt. Deshalb verwende ich oft indirekte Zitate, die einem nicht ‚schreiend’ ins Gesicht springen, z.B. Justus’ ironische Bemerkung, dass die Abkürzung SN ja schon bekannt sei, woraufhin Skinny erwidert, dass er seine Taschenlampen aber inzwischen nicht mehr markiert. ;-)
Nochmals dankeschön. :-) Ja, die Geschichte hatte ursprünglich den Arbeitstitel „Jäger des Schlangensterns“. Letzen Endes hat sich der Verlag dann aber für die etwas eingängigere Variante „Im Zeichen der Schlangen“ entschieden. Die Fokussierung auf den gleichnamigen peruanischen Chronistenbericht empfinde ich ebenfalls als nicht ganz ideal, weil die entsprechende Szene verhältnismäßig klein und nicht wirklich handlungsbestimmend ist. Aber andererseits hätte der Begriff „Schlangenstern“ möglicherweise zu schnell die Vermutungen in Richtung eines Schmuckstücks gelenkt. Wie in den meisten Bereichen ist eben auch die Titelfindung oftmals eine Kompromiss-Entscheidung.
Auch beim schreienden Nebel haben wir es mit einem „alten Bekannten“ zu tun, der lange nicht mehr dabei war, was uns sehr gut gefallen hat. Warum wurde ausgerechnet Arnold Brewster „reaktiviert“? Der Grund ist ganz einfach: Professor Brewster erschien mir als die ideale Nebenfigur für diese Geschichte. Bereits in der ersten Planungsphase hatte ich vor, einen früheren Charakter wiederkehren zu lassen, und da fiel meine Wahl sehr schnell auf den charismatischen Völkerkundler aus „Das Volk der Winde“. Seine Figur ist weniger ‚dominant’ als bekanntere Rückkehrer wie Hugenay oder Jelena, gleichzeitig aber (nicht zuletzt wegen des dramatischen Entmündigungs-Plots) im Gedächtnis der Leser und Hörer noch präsent genug, um sofort Assoziationen zu wecken. Er ist auf jeden Fall ein Sympathieträger, dem man – ebenso wie die drei Detektive – gerne nach South Dakota folgt, um ihn bei seinem unheimlichen Nebel-Abenteuer zu begleiten.
Das Wetterphänomen Nebel hat mich schon fasziniert, seit ich klein bin. Beispielsweise gehörte „Fünf Freunde im Nebel“ mit der überaus unheimlichen Atmosphäre in der Gruselheide zu meinen absoluten Lieblings-Hörspielen. Auch John Carpenters „The Fog“ und das weniger gelungene Remake kenne ich natürlich, ebenso wie die Verfilmung von Kings „Der Nebel“. Ich würde also sagen, dass von mehreren Seiten Einflüsse in das Buch gelangt sind – unter anderem übrigens auch von meiner „Darkside Park“-Folge „Die verbotene Lichtung“. ;-)
Der Titel lässt vermuten, dass die Idee ursprünglich als DiE DR3i Abenteuer geplant war. Ist das so? Das ist kein Geheimnis. Tatsächlich stammen die ersten Planungen und Entwürfe für dieses Special aus der „DiE DR3i“-Phase. Da es aus bekannten Gründen ab 2008 zu keiner Fortsetzung der Serie kam, landete das Projekt für eine ganze Weile in der berühmten Schublade. Umso mehr haben Ivar Leon Menger, Tim Wenderoth und ich uns gefreut, als Corinna Wodrich uns zwei Jahre später mitteilte, dass wir unser außergewöhnliches Dreier-Projekt in Abstimmung mit dem Kosmos Verlag doch noch verwirklichen könnten. Wie so oft in meinem Leben schloss sich nach vielen Wirren und Wendungen schließlich ein Kreis, der Jahre zuvor seinen Anfang genommen hatte.
Schon in einem frühen Stadium der Konzeption stand fest, dass in jeder Folge eine gewisse Ausrichtung auf eines der drei Fragezeichen stattfinden sollte. Da jeder im Autoren-Team einen Lieblings-Detektiv hat, war die Verteilung von Beginn an klar: Ivar würde Peters ganz spezielles Verhältnis zu Angst und Bedrohung ausloten, Tim würde sich gemeinsam mit Bob ausgiebig dem Gebiet der Recherche widmen, und ich würde Justus‘ Gespür für Logik und Rationalität auf die Probe stellen. - „Hin und wieder blickt er daraus hervor …“ (Señor Santora / „Der Zauberspiegel“) - „Ich hatte gehofft, dass ihr die Finger von dieser Geschichte lasst, aber ihr schnüffelt weiter. … Jetzt müssen wir reinen Tisch machen.“ (Don Dellasandro / „Der giftige Gockel“) - „[Wenn ihr mir nicht auf der Stelle den Film gebt,] dreh‘ ich euch eigenhändig den Hals um!“ (Wesley Thurgood / „Die Silbermine“) Gemäß dem besonderen Charakter unseres Specials gibt es aber natürlich noch diverse weitere Anspielungen und Verweise – von Georgina & Timmy bis hin zum Eiswagen von „Meadow Fresh“.
Wie schwierig ist es, eine stimmige Kurzgeschichte im Vergleich zu einer 126 Seiten Story zu schreiben? Schwieriger, als ich im Vorfeld dachte. ;-) Schließlich muss man sich der Aufgabe stellen, auf äußerst begrenztem Raum (der umgerechnet nur etwa einem Kapitel entspricht) einen kompletten Fall aufzubauen, dramaturgisch zu konstruieren und aufzulösen. Da das in vollem Umfang kaum möglich ist, habe ich mehrere ‚Kunstgriffe’ angewandt, um diese Notwendigkeiten teilweise auszuhebeln. (*SPOILER!*) So ließ ich in „Das Rätsel der schwarzen Nadel“ die Geschichte mitten im Fall beginnen, so dass im Intro eine knappe Zusammenfassung ausreichte, um ins Geschehen einzuführen. Beim „grauen Dämon“ wählte ich eine Szenerie, die vollkommen auf die archaischen Elemente Flucht und Furcht reduziert ist. Der Fall (der ja eigentlich gar keiner ist) spielt sich ausschließlich im Kopf des fassungslosen Zweiten Detektivs ab, der sich von einem monströsen Wesen verfolgt sieht. In „Verschwörung auf der Eagle Ranch“ bediente ich mich des Stilmittels eines retrospektiven Protokolls von Bob. Auf diese Weise konnte ich die Vorgänge wesentlich stärker straffen und pointieren, als es in regulärer Erzählform möglich gewesen wäre. Einzig „Jagd auf den Weihnachtsmann“ ist weitgehend klassisch aufgebaut und entwickelt den kompletten Fall im Mikro-Format.
Hier kann ich natürlich nur für mich sprechen. Beim „Rätsel der schwarzen Nadel“ hatte ich ja schon verraten, dass ein Großteil der Geschichte einer Passage aus „Das Seeungeheuer“ entstammt. Der „graue Dämon“ wäre wegen seiner kompletten Fokussierung auf das Verfolgungs-Motiv für eine ‚Vollversion‘ sicher ungeeignet. Bei den beiden anderen Geschichten, „Verschwörung auf der Eagle Ranch“ und „Jagd auf den Weihnachtsmann“, halte ich es dagegen durchaus für vorstellbar, dass man aus den Plots reguläre Bücher hätte entwickeln können.
Auf meinem Schreibtisch liegen derzeit mehrere Auftrags-Anfragen, über deren Realisierung ich in Kürze entscheiden werde. Das Spektrum der Konzepte ist weit gefächert und umfasst die Genres Hörspiel, Buch und Film. Auch als Lektor und Script Doctor bin ich hin und wieder tätig, erlaube mir hier jedoch den Luxus, nur noch ausgewählte Projekte anzunehmen, da ich mich in erster Linie als Autor verwirklichen möchte. Die „drei ???“ werden dabei natürlich auch künftig eine feste Größe in meinem Leben bleiben.
Ich freue mich sehr, dass euch unsere Reise in den „Darkside Park“ gefallen hat, und habe gleichzeitig vollstes Verständnis dafür, dass meine Finalfolge 18 („Willkommen in Porterville!“) gewisse Irritationen hervorgerufen hat. Diese waren jedoch von Anfang an einkalkuliert. (*SPOILER*) Entgegen mancher Mutmaßungen standen die Grundpfeiler von Ivar Leon Mengers Konzept (Kernthema, Begrenzung auf drei Staffeln à sechs Folgen, ‚Zeit’-Auflösung) von Anfang an fest. Das tragende Fundament von „Darkside Park“ war bereits im Frühjahr 2008 gelegt, also weit vor Beginn der eigentlichen Manuskript-Entwicklung. Auf dieser Grundlage erbauten und bevölkerten wir Autoren (Ivar, Christoph Zachariae, John Beckmann, Raimon Weber, Simon Rost und ich) in der Folgezeit die mysteriöse Stadt Porterville und ihr finsteres Geheimnis.
Sehr gern geschehen. Hendrik |
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